fiktive götter monotheismus

Grundlagen für fiktive Religionen – Teil 2: Monotheismus

„Am Anfang war…“ – ja, was war eigentlich am Anfang? Auch fiktive Kulturen wollen diese Frage beantwortet wissen. Religion und Kosmologie sind wichtige Baustellen in einem Weltenbauprojekt. In einer Reihe beleuchtet Weltenbau Wissen verschiedene Wege, Schöpfer zu erschaffen und Götterglaube zu gestalten. Nach Teil 1 über Polytheimus folgen Religionen, die nur einen Gott kennen.

Monotheistische Religionen prägen unsere moderne Welt: Das Christentum wurde von den Europäern auf jeden Kontinent exportiert und ist heute die größte Glaubensgemeinschaft der Welt, gefolgt vom Islam. Religionen mit mehreren Göttern sind aus westlicher Perspektive weit weg – entweder in fernen Kulturkreisen wie in Ostasien oder Relikte der Vergangenheit.

Dabei sind die sogenannten abrahamitischen Religionen Christentum, Islam und Judentum auch heute nicht die einzigen modernen Lehren von nur einem Gott. Etwa 15 Millionen Juden stehen zum Beispiel 23 Millionen Sikhs gegenüber. Das Bahaitum ist eine sehr schnell wachsende Religion, die von etwa 200.000 Gläubigen in den Fünfzigern auf heute über 8 Millionen Mitglieder angewachsen ist.

Das Konzept, dass sich ein allmächtiger Gott einem Propheten zu erkennen gibt, spielt eine wichtige Rolle

Während Sikhismus und Bahaitum relativ junge Religionen sind, stehen andere, nach wie vor praktizierte monotheistische Religionen dem Judentum, Christentum und Islam in ihrer Tradition nicht nach: Der Zoroastrismus ist etwa 3000 Jahre alt, das Jesidentum bringt es auf immerhin fast 1000 Jahre. Bis auf die Jesiden kennen alle genannten Religionen heilige Schriften, die meisten sind sogenannte Offenbarungs- oder Buchreligionen. Damit spielt das Konzept, dass sich ein allmächtiger Gott offenbart gibt und die Wahrheit über die Schöpfung in niedergeschriebener Form an einen Propheten weitergibt, eine entscheidende Rolle.

Die Frage nach dem Einen Gott und universaler Wahrheit

Doch wenn es nur einen Gott gibt, kann es keine anderen Götter geben: Im Monotheismus stellt sich damit die Frage nach einem Gottesbeweis ganz besonders. Von den abrahamitischen Religionen kennen wir die Vorstellung, dass alles andere bemitleidenswerter, zu missionierender oder zu vernichtender Unglaube ist. Zumindest erscheint Monotheismus deutlich weniger tolerant als Polytheismus, denn wenn eine Religion schon viele Götter einschließt, warum soll es dann nicht noch mehr geben? Wer hingegen überzeugend vermitteln kann, dass sein alleiniger Gott wirklich existiert (zum Beispiel durch ein Wunder), bringt andere Glaubenswelten zum Einsturz.

Für viele Fantasy-Szenarien ist Monotheismus ein Problem

Für viele Fantasy-Szenarien ist das ein Problem, besonders wenn Götter real sein sollen und beispielsweise durch rechtschaffende Diener wie Paladine wirken. Im Wettstreit von Dogmen und theologischen Konzepten bleibt ein Gottesbeweis ein Disput, der nicht zu gewinnen ist. Doch wenn jeder Wunder oder Zauber seines Gottes oder seiner Götter wirken kann, wie soll da die Lehre von einem exklusiv allmächtigen, einzelnen Gott Bestand haben?

Selbst wenn Götter nicht real sind, ihr Wirken nicht in der Welt nachweisbar ist und Religion vor allem eine kulturelle Vorstellung sind, scheinen monotheistische Religionen die Frage nach der theologischen Wahrheit zu provozieren. Müssten nicht immer wieder Konflikte darüber aufflammen? Sind Kreuzzüge, egal ob in einer Fantasywelt oder im Weltraum, dann nicht unvermeidbar?

Monotheismus kann viele Facetten haben

Tatsächlich ist die lange Geschichte religiös und machtpolitisch motivierter Konflikte, die wir vom Christentum und Islam kennen, nur eine Facette des Monotheismus. Missionarischer Eifer und Benachteiligungen anderer Glaubensgemeinschaften sind kein zwingendes Merkmal. Der Zoroastrismus, der zwischen 1800 v. Chr. und 600 v. Chr. in Persien entstand, sah bereits damals nach aktuellem Kenntnisstand keine Verfolgung Andersgläubiger vor.

Das sehr junge, im 19. Jahrhundert entstandene Bahaitum ist eine überaus tolerante und inklusionistische monotheistische Religion: Die Bahai sehen in ihrem Gott den „Herrn aller Religionen“ und akzeptieren etwa Adam, Moses, Zarathustra (den Begründer des Zoroastrimus), Krishna, Siddharta Gautama, Jesus Christus und Mohammed als Manifestationen Gottes.

Eine monotheistische Religion spannend inszenieren

Gegenüber den klaren Zuständigkeiten und Launen vieler Götter aus polytheistischen Religionen sind die modernen Interpretationen monotheistischer Religionen moderner: Sie lehren Frieden, Nächstenliebe und scheinen deutlich besser zu fortschrittlichen Gesellschaften zu passen, als die wilden Götterhaufen antiker Zivilisationen. Allein das ist ein guter Grund, monotheistische Religionen in fiktiven Welten unterzubringen und überzeugend darzustellen. Langweilig müssen sie deshalb nicht erscheinen, es gibt mannigfaltige Möglichkeiten:

  • Eine Religion ist gespalten: Sie glauben zwar an denselben Gott, doch unterschiedliche Dogmen streiten um die Voherrschaft
  • Viele Sekten mit unterschiedlichen Praktiken und Lehren konkurrieren um die Gläubigen einer Religion
  • Ein Glaube ist henotheistisch ausgelegt: Zwar gibt es einen höchsten oder alleinigen Gott, aber die Existenz oder Toleranz anderer Götter wird nicht ausgeschlossen
  • Ein Gott steckt allein hinter der Schöpfung, wird aber in vielen verschiedenen Formen verehrt: So lässt sich auch das Fantasy-Dilemma der realen Götter auflösen – es kann verschiedene Kirchen geben, aber hinter allen Göttern steckt eigentlich nur eine allmächtige Entität
  • Ein Gott steckt allein hinter der Schöpfung, doch andere Wesen geben sich als Götter aus: Ebenfalls ein Weg, das Fantasy-Dilemma der realen Götter aufzulösen – mächtigee, aber nicht allmächtige Wesen geben sich einfach ebenfalls als Götter aus und scharen Gläubige um sich

Titelbild: „Die Erschaffung der Sonne, des Mondes und der Pflanzen“, Michelangelo, gemeinfrei

Ein Gedanke zu „Grundlagen für fiktive Religionen – Teil 2: Monotheismus“

  1. Der Monoheismus ist eine reine Ideologie, so scheint es mir. Vermutlich wurde er von einer Priesterkaste so eingeführt, oder aber es war tatsächlich der Kriegsgott Jaho, welcher von den Wüstenvölkern im Zuge der Städterevolutionen dazu benutzt wurde, sich Macht zu verschaffen und die Aufstände günstig zu stimmen. Sinn macht der Monotheismus keinen. Denn alles, was man über ihn lernt sind reine Vermutungen und Mutmassungen. Alles untersteht einem Gesetz, dieses Gesetz sei allmächtig und allwissend und allwirkend. Ja, aber eben, das macht so ja keinen Sinn. Es gibt dieses Wesen wohl nicht. Zumindest nicht in dieser extremistischen Form. Es muss alles viel einfacher sein.

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